Hotel Adlon Kempinski
Hotellegende mit vorauseilendem Ruf
„Adlon oblige“ – Adlon verpflichtet – hatte der Gründer von Deutschlands bekanntestem Grandhotel Lorenz Adlon einst über seinen Kamin gravieren lassen. Seit jeher galt dieses Motto als Maßstab für die hochwertige Ausstattung und den ausgezeichneten Service des Hauses. Kaiser Wilhelm II. war bei der Eröffnung des Hotels im Jahre 1907 der Erste, der das Adlon betreten durfte. Der Deutsche Kaiser war sichtlich begeistert von der Ausstattung mit feinstem Marmor und den technischen Raffinessen wie fließend heißen Wasser und elektrischem Licht. Stets sprach er von „seinem“ Adlon und selbst Staatsgästen empfahl er das Adlon seinem Schloss, in dem die Heizung nicht funktioniert und es schrecklich durch die Fenster zieht, vorzuziehen.
Schnell entwickelte sich das Haus am Pariser Platz zur ersten Adresse der Stadt. Von Charlie Chaplin, Albert Einstein, Henry Ford über Catherine Deneuve, dem jungen John F. Kennedy, Michael Jackson bis hin zu Queen Elisabeth II., der schwedischen Königsfamilie oder Barack Obama, die Liste an illustren Gästen ist lang.
So glänzend die Tradition und Geschichte des Hauses auch sein mögen, der heutige Hotelbau ist nicht älter als 20 Jahre. 1997 wurde das Adlon im Beisein des Deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog wiedereröffnet.
In Anlehnung an die in den Nachkriegstagen des zweiten Weltkriegs zerstörte Hotellegende wurden die 307 Zimmer und 78 Suiten in einem klassischen Design mit Möbel aus Kirsch- und Myrtenholz und Bädern aus schwarzem Granit und hellen Marmor gestaltet. Zudem erhielt der Neubau zwei zusätzliche Stockwerke sowie mit dem Adlon Palais in den Folgejahren eine bauliche Erweiterung. Mit seinen drei Präsidenten-Suiten, die höchsten Sicherheitsstandards gerecht werden, gilt das Adlon zudem als „inoffizielles Gästehaus der Bundesregierung“.
Seit der Wiedereröffnung ist die Kempinski-Gruppe mit dem Betrieb des Hotels, das Mitglied bei den Leading Hotels of the World und der Selektion Deutscher Luxushotels ist, betraut. Durch die Turbulenzen innerhalb des Managements von Europas ältestem Hotelkonzern kam es innerhalb der letzten Jahre zu mehreren Führungswechsel im Haus. Nachdem die thailändische Königsfamilie ihre Mehrheitsanteile am Kempinski-Konzern an die Scheichs von Bahrain abgegeben hatte, zeichnete sich ein erneuter Wechsel ab und Matthias Al-Amiry übernahm die Leitung von Emile Bootsma, der noch die kürzlich durchgeführte Neugestaltung der Lobby und Bel-Etage für sechs Millionen Euro verantwortete.
Kurz nach der Renovierung und pünktlich zum 120. Geburtstag von Kempinski besuchte ich das Grandhotel. Der Empfang gestaltete sich standardisiert und professionell mit einer kurzen Begrüßung durch den Porter am Hoteleingang und einer Wartezeit an der Rezeption. Nachdem mir während des Check-Ins Informationen zu den Annehmlichkeiten des Hauses gegeben wurden, begab ich mich – ohne der sonst in dieser Hotelkategorie üblichen Begleitung durch einen Mitarbeiter des Empfangsteams – zu meiner Junior Suite in der obersten Etage des Hauses.
Mit einem Blick auf den ruhigen Innenhof und auf die an den Hotelbau angrenzende Akademie der Künste bot die knapp sechzig Quadratmeter große Suite ein kreisförmiges Entree, in dessen Mitte zur Begrüßung ein frischer Strauß aus weißen Rosen einen kleinen Tisch schmückte. Neben ausreichend Stauraum für Kleidung und einem Zugang zur, für Gäste vom Bad abtrennbaren, Toilette schlossen sich ein Wohn- und Schlafbereich mit Sitzecke, einem äußerst langgezogenen Schreibtisch, King-Size Bett, Flachbildfernsehgerät und ein großzügiges Badezimmer an. Letzteres verfügte über zwei separate Waschbereiche, einer davon mit Schminktisch, eine freistehende Badewanne sowie Regendusche mit Dampfbadfunktion – die leider nicht funktionierte.
Zur Standartausstattung der Zimmer und Suiten zählen zudem kostenloses W-LAN und eine in der Nachttischschublade versteckte Steuerung für Licht und Klimaanlage.
Im Gesamteindruck präsentierte sich die Suite in einem sehr gepflegten Zustand, die klassische Einrichtung wirkte jedoch bereits etwas veraltet und teilweise nicht mehr zeitgemäß. Die Zimmerreinigung erfolgte zwei Mal täglich einwandfrei.
Frühstück genießen die Gäste unter der Woche in der Bel-Etage mit Blick auf die Hotellobby mit ihrem berühmten Elefantenbrunnen und ihrer bunten Glaskuppel sowie in den angeschlossenen Räumlichkeiten des Restaurants Lorenz Adlon Esszimmer. Zum Wochenende wird zusätzlich ein hinsichtlich Auswahl und Qualität identisches Buffet im Restaurant Quarré geboten.
Von Keta Lachs- und Forellenkaviar mit Blinis, verschiedensten Käse- und Wurstsorten, diversen Sorten an Gemüse- und Fruchtsäften über eine frische Obstauswahl mit Beeren sowie einem Angebot an warmen à la carte Gerichten, ließen beide Buffets kaum Wünsche offen. Lediglich die zubereiteten Eierspeisen wie Eggs Benedict, die am ersten Morgen leider komplett gestockt serviert wurden und Süßspeisen wie Pfannkuchen oder Waffeln, die aufgewärmt am Buffet offeriert werden, konnten hinsichtlich Frische und Qualität der Zubereitung nicht mit den anderen Produkten mithalten. Der Service, im Restaurant Quarré trotz geringer Auslastung kaum beziehungsweise ausschließlich auf proaktive Nachfrage präsent, zeigte sich im Lorenz Adlon Esszimmer deutlich aufmerksamer, wenngleich bei steigender Auslastung etwas nachlässig. Alles in allem für einen Preis von 47 Euro, der unter den Berliner Häusern das obere Ende markiert, eher ein Frühstückserlebnis durchschnittlicher Natur.
Abends verwandelt sich das Lorenz Adlon Esszimmer in ein Zwei-Sterne-Restaurant, in dem Küchenchef Hendrik Otto seine Gäste mit europäisch inspirierter Küche verwöhnt. Legerer geht es zu abendlicher Stunde im Restaurant Quarré mit angeschlossenem Terrassenbereich oder im Sra Bua by Tim Raue mit gelichnamiger Bar zu.
Das Adlon Spa by Resense lädt auf 900 Quadratmetern und 3 Etagen zum Entspannen im Rahmen einer der zahlreichen Behandlungen oder in einer der exklusiven Spa Suiten mit Finnischer Sauna, Dampfbad, Jacuzzi, privatem Sound System und farbtherapeutischen Lichtinstallationen ein.
Ein klimatisierter Fitnessbereich mit modernen Geräten der Marke TechnoGym, ein separierter Saunabereich für Damen und Herren mit finnischer Sauna, Dampfsauna und Tauchbecken sowie der 11 m lange beheizte Indoor Pool mit Whirlpool, Poolbar und angeschlossenem Liegebereich, in dem frisches Obst und mit Früchten aromatisierte Wässer offeriert werden, komplettieren das „Wellness“-Angebot des Hauses.
Der 500 Quadratmeter große Ballsaal, der alljährlich Austragungsort des Bundespresseball ist, die zwei mit weißen und schwarzen Marmor im Schachbrettmuster gefliesten Wintergärten sowie weitere Räumlichkeiten bieten ausreichend Fläche für Veranstaltungen.
Wenngleich das Adlon durch seine einzigartige Lage am Brandenburger Tor, seine neu gestalteten öffentlichen Bereiche, ein hochwertiges kulinarisches Angebot sowie einem stets freundlichen Service überzeugen konnte, so fehlt dem Haus insgesamt die persönliche Note. Von einem standardisierten und eher unpersönlichen Empfang über die tagsüber von zahlreichen externen Gästen frequentierte Lobby, fehlt es an der gewissen Exklusivität und einem dem Ruf entsprechenden perfektionierten und individuellen Serviceerlebnis, bei dem der Gast nicht eine Zimmernummer ist, sondern auch stets mit Namen angesprochen wird. Ob das Haus der ehemaligen Legende gerecht wird, lässt sich schwer feststellen, im Bereich der persönlichen Gästepflege ist im Vergleich zur benachbarten Konkurrenz, wie dem Hotel De Rome, jedoch deutlich Luft nach oben. Dessen ungeachtet verdient das Adlon fünf solide Sterne, jedoch ohne das entsprechende dem Mythos zu erwartende gewisse Etwas.